Leadership und Management Deutschland

Leadership und Management in Deutschland.

Führung – Kommunikation – Kultur

Mehr als die zwischenmenschlichen Beziehungen steht bei den Deutschen die Sache im Vordergrund. Das Duzen ist nicht verbreitet, ihre Körpersprache ist kontrolliert und Türen bleiben meistens geschlossen. Struktur in allen Belangen, Ordnung und Leistung sind in allen Bereichen reflektiert. Diese Merkmale sind in Leadership und Management in Deutschland klar zu erkennen.

Ein von vielen Ausländer in Zusammenhang mit der deutschen Kultur gebrachtes Merkmal ist die Gründlichkeit. Tatsächlich scheint dieses Merkmal die Einstellungen und Verhaltensmuster von Mitarbeitenden sowie den Führungsstil von Führungskräften stark zu beeinflussen. Auch in Bezug auf andere kulturelle Dimensionen ragen die Deutschen heraus. Daraus können auch Schlüsse, bezüglich der Effektivität amerikanischer Führungsinstrumente wie das Management by Objectives auf das Leadership und Management in Deutschland gezogen werden.

Traditionelle Werte und Auffassungen von Leadership.

Change-Konferenz 2016 - Leadership und Management in Deutschland Spricht man von den Deutschen, kommt Menschen aus vielen Ländern der Ausdruck „deutsche Gründlichkeit“ oder zumindest ein ähnliches Bild in den Sinn. Die Zutaten der deutschen Gründlichkeit prägen wie bei den anderen Kulturen ihre Einstellungen und Verhaltensmuster und folglich das Leadership und Management in Deutschland.

Werte und Verhaltensmuster

Mehr als die zwischenmenschlichen Beziehungen steht bei den Deutschen die Sachlichkeit im Vordergrund. Das Duzen fällt ihnen nicht leicht, ihre Körpersprache ist kontrolliert und Türen bleiben meistens geschlossen. Struktur in allen Belangen, Ordnung und Leistung ist in allen Bereichen reflektiert. Ihr direkter Kommunikationsstil ist aus ihrer Perspektive Ausdruck von Ehrlichkeit, Offenheit, Authentizität und Klarheit. Nicht sagen was man denkt hingegen, wirkt für sie unehrlich.

Leadership und Management in Deutschland - Präsentation am Change Congress 2016 Werte von Leadership und Management in Deutschland

Die Deutschen sind sehr hoch in der monochronischen Skala. D.h., die Aufgaben werden nacheinander strikt planmässig ausgeführt. Entscheidungen werden auf gründliche Recherche-Prozessen basiert und konsensorientiert getroffen. Diese Prinzip macht sie in den Augen der Amerikaner und Franzosen langsam und kompliziert. Amerikaner verstehen auch nicht, warum getroffene Entscheide bei den Deutschen als unantastbar gelten. Entscheide in Frage zu stellen nach dem sie im Team getroffenen wurden, gilt in der deutschen Kultur als willkürlich und unverantwortlich. Disziplin und Gründlichkeit sind gross geschrieben. Die Vergangenheit ist in ihrem Bewusstsein stark eingeprägt, schreibt der amerikanisch Anthropologe Edward T. Hall. So werden sie in der Kommunikation weit ausholen und viele Details liefern, um den heutigen Stand der Dinge zu erklären. Im Gegensatz zu den Amerikanern sind Geschäfte in Deutschland mit einer gründlichen Planung langfristig ausgerichtet (Hall, 1990).

Kommunikation

Im Gegensatz zu den Franzosen sind die Deutschen gemäss Hall eine low context und monochrone Gesellschaft. Die Deutschen liefern tatsächlich alle Informationen, die sie für ihre Gesprächspartner als notwendig erachten. Für manche high-context-Kulturen kann es zu viel werden. Die untenstehende Tabelle vergleicht die deutschen und die amerikanischen Herangehensweisen im Projektmanagement und verdeutlicht einerseits die obenerwähnten Kulturdimensionen der Deutschen und anderseits stark divergierende Einstellungen und Verhaltensmuster zwischen den zwei Kulturen.

Deutsches Vorgehen  US-amerikanisches Vorgehen
Ganzheitliche Erfassung des Problems:
Informationssammlung, theoretische Erörterung der Umsetzung, Orientierung am technisch machbaren.
Spezifizierung des Ergebnisses: Brainstorming, genaue Beschreibung des Endergebnisses, Orientierung am späteren Nutzer/Käufer.
Konsensorientierung:
Einigung auf Endergebnis und gemeinsame Lösungsstrategie, eigenverantwortliche Übernahme von Teilaufgaben.
Handlungsorientierung:
Schnelle Definition von Zwischen-ergebnissen, Teamleiter vergibt Teilaufgaben, individuelles ergebnisorientiertes Abarbeiten
Intensive Planung:
Bei Komplikationen keine individuellen Änderungen am geplanten Vorgehen, sondern erneute gemeinsame Planung.
Versuch-Irrtum Prinzip:
Individuelles Austesten von Lösungsstrategien, bei Komplikationen bereitwillige Änderung von Zwischen- oder Endzielen.
Organisierter Informationsaustausch:
Beim Abarbeiten gemeinsam geplanter Teilaufgaben wird spontaner Austausch zwischen geplanten Besprechungen als störend empfunden.
Spontaner Informationsaustausch:
Sich schnell ändernde Informationslage erfordert spontanen Informationsaustauch, Bedarf an häufigem Feedback zu geleisteter Arbeit.
Deutsche und amerikanische Herangehensweise in Projekten (in Anlehnung an Wastian, Braumandl, von Rosenstiel, 2012, S. 314)

Dieser Vergleich macht die im vorherigen Kapitel erwähnten Merkmale der deutschen Kultur deutlich, nämlich den starken Formalismus, Monochronismus und die Tendenz, Entscheide als in Stein gemeisselt zu betrachten. Diese Merkmale der deutschen Kultur werden in der Hofstede-Kulturdimension „Unsicherheitsvermeidung“ zu erkennen, die im nächsten Paragraph ebenfalls im Vergleich zu den amerikanischen Dimensionen gegenüberstellt wird. Aufgrund der obigen Tabelle hätte man grössere Unterschiede in den Kulturdimensionen erwarten können, da die Einstellungen und Verhaltensmuster in Bezug auf das Projektmanagement als extrem gegenseitig erscheinen. Der Individualismus-Index ist bei den US-Amerikanern sehr hoch, der entsprechende deutsche Wert unterstreicht jedoch ebenfalls einen hohen Individualismus. Der Unterschied in der Unsicherheitsvermeidung zeigt, dass die Deutschen in der unteren Hälfte und die US-Amerikaner deutlich in der oberen Hälfte liegen.

Merkmale von Leadership und Management in Deutschland

Führungsstil

Die unterschiedlichen Werte in den Kulturdimensionen beider Länder sind sowohl in der Kommunikation , beim Projektvorgehen oder auch in der Anwendung von Führungsinstrumenten zu erkennen. Gemäss Hofstede sind die Deutschen aufgrund ihrer hohen Unsicherheitsvermeidung keine klassischen „Kunden“ für das Management by Objektives. Diesbezüglich schreibt er „ This is also a below-average PDI (Power Distance Index) country, so the dialogue element in MbO should present no problem. However, Germany scores considerably higher on UAI (Uncertainty Avoidance Index); Consequently, the acceptance of ambiguity is weaker. MbO in Germany has been strongly formalized and converted into „management by joint goal setting“ (Hofstede, 2010).Die unterschiedlichen Werte in den Kulturdimensionen beider Länder sind sowohl in der Kommunikation , beim Projektvorgehen oder auch in der Anwendung von Führungsinstrumenten zu erkennen. Gemäss Hofstede sind die Deutschen aufgrund ihrer hohen Unsicherheitsvermeidung keine klassischen „Kunden“ für das Management by Objektives. Er erklärt es wie folgt:  „ This is also a below-average PDI (Power Distance Index) country, so the dialogue element in MbO should present no problem. However, Germany scores considerably higher on UAI (Uncertainty Avoidance Index); Consequently, the acceptance of ambiguity is weaker. MbO in Germany has been strongly formalized and converted into „management by joint goal setting“ (Hofstede, 2010).

Kulturdimensionen und Management by Objectives (MbO) in Deutschland

Studien über die Anwendung von MbO in Deutschland

Die Studie der deutschen Beratungsfirma Saaman AG (https://www.saaman.de) widmete sich in 2010 dem Thema „Wirksamkeit von Zielvereinbarungen“. Folgendes wird festgehalten:

„Die Zielvereinbarungen werden missbraucht, um festzusetzen, was der Einzelne zu erledigen hat. Führungskräfte befürchten vor allem Chaos, weil ein Instrument zur Aufgabenzuschreibung wegfallen würde. Erstaunlich, wenn man gleichzeitig sieht, dass der ursprüngliche Zweck der Zielvereinbarungen, die Motivation zu steigern (17%) und zu mehr Leistung zu bewegen (6%), von den Führungskräften im Vergleich weniger stark vermisst würde. Es stellt sich also die Frage, ob das Instrument hier nicht systematisch zweckentfremdet wird“. Dieser Kommentar bezieht sich auf die Frage Nummer 14 eines von Führungskräften und Mitarbeitenden zahlreicher deutschen Firmen ausgefüllten Fragebogens.

Kulturdimensionen Deutschland – USA (Hofstede Center)

Die Frage lautet: “Was denken Sie, würde in Ihrem Unternehmen passieren, wenn es morgen keine Zielvereinbarungen gäbe?“. 37% der Führungskräfte und nur 19% der Mitarbeitenden haben „Orientierungslosigkeit/ Kontrollverlust“ als Antwort unterstrichen. Umgekehrt haben 35% der Mitarbeitenden und nur 19% der Führungskräfte „keine oder nur geringe Auswirkungen“ angegeben (Saaman AG, 2011, S. 19).

Der zusammenfassende Kommentar der Beratungsfirma bestätigt zumindest bei vielen Führungskräften den Drang nach Unsicherheitsvermeidung, in dem Führungskräfte mit der Anwendung vom MbO die in der deutschen Kultur angestrebte Formalisierung erreichen. Mitarbeitende sind jedoch zu einem grossen Teil anderer Meinung als die Führungskräfte. Mit den 20%, die eine Abschaffung der Zielvereinbarungen als Verbesserung sehen, sind 55% der Mitarbeitenden gegenüber dem MbO negativ eingestellt. Nicht erstaunlich, dass die Studie aus diesen Resultaten Schlussfolgerungen zieht wie:“ Zielvereinbarungen sind eine Farce, ein elaboriertes Schauspiel. Zielvereinbarungen haben den Anschein der Unverbindlichkeit und werden damit in vielen Unternehmen zu einem administrativ notwendigen Übel (Saaman AG, 2010, S. 7 – 14) “. Die Tatsache, dass die meisten deutschen Firmen die Zielvereinbarungen im Jahres-zyklus festlegen und bewerten erhöht im Hinblick auf die schnellen Veränderungen des Umfeldes die Ambiguität des Verfahrens. Die Saaman Studie hält diesbezüglich fest: „Zeiträume von 1 Jahr zeigen, dass Zielvereinbarungen in den meisten Unternehmen nicht mit dem korrelieren, was in der Wirtschaft wirklich passiert. Die Gewohnheit überlagert die Notwendigkeit. Über einen langen Zeitraum ist eine Leistung von zahlreichen äusseren Faktoren beeinflusst, die in aktualisierte Zielvereinbarungen einfliessen müssten, soll sich das Instrument weiterhin als wirksam erweisen. Es verwundert daher nicht, dass viele der Befragten zwar formal verantwortlich gemacht werden, sich aber für den Zweifelsfall mit dem Verweis auf äussere Umstände der Verantwortung schnell wieder entziehen“ (Saaman, 2010).

In der Schweiz wurde 2016 eine ähnliche Studie von intermedio, Yous & Partner veröffentlicht, welche ähnliche Resultate lieferte. Die Studie unter Titel "Ist Führung durch Zielvereinbarungen noch zeitgemäss?" hier zum herunterladen verfügbar.

2.3 Empfehlungen für die Gestaltung des MbO-Prozesses

Der natürliche Drang der Deutschen, langfristig und detailliert zu planen steht im Widerspruch zu einem MbO-Prozess, der nicht mit der Genauigkeit eines Uhrwerkes ablaufen kann. Eine gewisse Flexibilität und die Akzeptanz einer bestimmten Portion Ambiguität sind notwendig, um das MbO effektiv einzusetzen. Vor allem in einer schnelllebigen Zeit sind diese Qualitäten mehr denn je gefragt. Nicht-Deutsche Vorgesetzten © all rights reserved, intermedio, 2016-11-12 5 sollen jedoch mindestens zu einem vernünftigen Grad die Haltung und Erwartung von Deutschen Mitarbeitenden berücksichtigen, bzw. stark divergierende Haltungen zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten gegebenenfalls thematisieren

Leadership une Management in Deutschland ist wie in jedem Land eng mit der Kultur verbunden. Hier spielt nicht nur die Nationalkultur, sondern auch die Organisationskultur eine wichtige Rolle. Diese kulturellen Aspekte sollten in jeder Organisation reflektiert werden und darauf basierend, Leadership und Management definiert werden. Auf dieser Grundlage können Führungsinstrument wie das MbO so angepasst werden, dass sie den Kulturen gerecht sind.  Es sei denn, es besteht ein Bedarf nach einer neuen Organisationskultur.