Meditieren soll Menschen helfen, ihren Geist unter Kontrolle zu bringen, die innere Ruhe dauerhaft zu finden und Glück zu erleben. Täglich zu meditieren, fällt jedoch vielen Menschen schwer. Als Hindernisse werden oft Gründe erwähnt, wie: «ich finde die Zeit dazu nicht», «Ich kann meinen Geist nicht zur Ruhe bringen», «Mein Gedankenkarussell hört nicht auf», oder «Bei mir funktioniert Meditation einfach nicht». Man möchte eigentlich durch Meditation den täglichen Stress abbauen; es ist aber auch der Stress, der sie daran hindert, dies zu tun. Wie gelingt es mir, aus dieser Schleife rauszukommen und mögliche Schwierigkeiten zu überwinden? Wie kann man achtsam aus Gewohnheit werden?

Unterstützung in einer Gemeinschaft finden

Digitale Lösungen scheinen für jede Art von Vorhaben zur Verfügung zu stehen. So ist es auch mit den Meditations-Apps. Der grosse Vorteil der Apps ist ihre permanente Verfügbarkeit. Der Zugriff darauf ist jederzeit möglich und die Anleitungen stets verfügbar. Der grosse Nachteil dabei ist, dass man allein ist. Seit Jahrtausende meditieren Menschen in Gruppen. Im Buddhismus heissen solche Gemeinschaften Sanghas. Meditieren in Gruppen bietet zwei Vorteile: Erstens ist man verpflichtet, weil Termine in der Gruppe vereinbart werden. Zweitens erhält man von der Gruppe Unterstützung, in dem man wahrnimmt, dass andere Menschen sich der gleichen Herausforderung stellen.

Matthias Birk ist Professor für Leadership und Achtsamkeit an der New York University und praktiziert selbst Meditation seit 20 Jahren. MBSR-Kurs Mit Achtsamkeit zur Resilienz - Achtsam aus Gewohnheit Er sagt, dass die meisten Menschen, die Meditation zu einem festen Bestandteil ihres täglichen Lebens gemacht haben, haben in der Gemeinschaft eine solide Grundlage gefunden. Das Sitzen in einer Gemeinschaft bietet Struktur, um sicherzustellen, dass sie regelmäßig üben. In den USA sind es z.B. Geschäftsführer von grossen Unternehmen, die solche Gruppenmeditationen fördern. Hunderte von Mitarbeitenden meditieren via Conference Call zusammen. Google hat selbst eine solche Gemeinschaft gegründet, die Chade-Meng-Tang Group (HBR, 20.11.20). Mitglieder bestätigen, dass die gemeinsame Übung in einer gleichgesinnten Gruppe es Einzelpersonen ermöglicht, sehr schnell Ruhe und Freiraum zu finden“. Auch in der Schweiz ist das Angebot für Gruppenmeditationen gross.

 Verpflichte dich zu einer fixen Zeit für das Meditationstraining

Erinnere dich, wie du als kleines Kind nach dem unsicheren Krabbeln und dem wackeligen Stehen das Laufen zur Perfektion entwickelt hast. Oder wie du ggf. deine Technik in einer spezifischen Sportart verfeinert hast, oder du Melodien mit einem Musikinstrument spielen konntest: Alles war nur durch unzählige Wiederholungen möglich. In seinem Buch «Vom stillen und klaren Geist» sagt Claude Mannewitz (2019), mit zunehmender Übung gewöhnt sich der Geist an das Innehalten und die Präsenz – er könne gar nicht anders als zu lernen, wenn man eine Aktivität stets wiederholt. Kind krabbelt und wird achtsam aus Gewohnheit Allerdings setzt regelmässiges Üben etwas Disziplin und ein Commitment, d.h. das Versprechen, nicht bloss bei der Absicht zu bleiben, sondern die geplanten Termine einzuhalten.
Matthias Birk sagt dazu: Die Festlegung eines verlässlichen Termins für Ihre persönliche Praxis ist von entscheidender Bedeutung. Er erzählt von Patrick, Manager einer globalen Investmentbank, der dies direkt nach seinem Einführungskurs in die Meditation tat. Er teilte seinem Team mit, dass 15:00 Uhr seine tägliche Meditationszeit sei, in der er nicht unterbrochen werden dürfe, und blockierte die freie Zeit in seinem Kalender. Jeden Nachmittag schließt er die Tür seines Büros und meditiert 20 Minuten lang. Alle Mitarbeitenden können ihn durch die Glasfenster seines Büros meditieren sehen und wissen, dass er dann nicht ansprechbar is (HBR, 20.11.20).

Arbeite mit einem Lehrer, einer Lehrerin

Um zu krabbeln, stehen und laufen brauchen Kinder keine Erklärung. Sie beobachten und ahmen andere Kinder und Erwachsenen nach. Dazu helfen unsere Gene, die wie ein Software-Programm Lernprozesse während der Kindheit und der Adoleszenz ablaufen lassen. Genau gleich entwickelt sich auch die Sprache. Im erwachsenen Alter  gestaltet sich aber das lernen immer schwieriger. Um Tennis, Golf oder Klavier korrekt zu spielen, ist deshalb die Unterstützung durch eine Lehrkraft notwendig. Man kann sich zwar als talentierter Autodidakt bestimmte Kompetenzen allein aneignen. Mit einer Lehrkraft, die dich beobachtet, dir notwendige Dinge erklärt, und dir Feedback gibt, wird der Lernprozess unterstützt und erfolgt gründlicher, so dass  und es möglich ist,  ein hohes Mass an Kompetenz zu erreichen. Dasselbe gilt für die Meditation. Aufgrund der immer leichter werdenden Meditation wird man im Alltag achtsam aus Gewohnheit.

Nach ein paar Wochen oder Monaten des Übens bist du möglicherweise frustriert, weil deine Fortschritte sich nicht so schnell und so linear gestalten, wie du möchtest. Genau in solchen Momenten ist man der Gefahr ausgesetzt, die Motivation zu verlieren.  Man ist versucht, damit aufzuhören.  Eine erfahrene Meditationslehrkraft kann dir durch diese kritische Zeit begleitet und dich unterstützt deine Schwierigkeiten in der Meditation zu verstehen.

Franziska und der Mönch Jiho in der Meditation mit Achtsamkeit zur Resilienz - achtsam aus Gewohnheit

Die Lehrkraft kann z.B. erklären, dass es beim Meditieren nicht darum geht, den Gedankenkarussell sofort zu stoppen. Das ist in einer ersten Phase schlicht nicht möglich. Und auch später, kann man die Gedanken auf ihren Weg zum Bewusstsein nicht aufhalten. Nicht kämpfen – loslassen – ist einer der Schlüssel in der Meditation. Gleichzeitig ist man wach und beobachtet, was der Geist (die Gedanken) macht. Auf der psychischen Ebene geht es um das simultane Loslassen, das Akzeptieren und das Beobachten. Gleichzeitig ist man auf Atmung und Körper fokussiert. Was nach Wochen und Monaten folgt, ist das diese Übungen immer leichter, selbstverständlicher werden. Sehen Sie dazu den Ablauf des MBSR-8-Wochen-Kurs „Mit Achtsamkeit zur Resilienz“ von Franziska Knechtenhofer.

Fazit

Als Weg zur Achtsamkeit, ist Meditation eine Disziplin, die wie für Sport- oder Studienleistungen regelmässiges Training voraussetzt. Anfänger müssen dabei in Kauf nehmen, dass positive Effekte auf Körper und Geist erst nach einer bestimmten Zeit zu spüren sind. Menschen, die bereit sind, diese Anfangsphase zu überwinden, spüren bald die Veränderung: Anstatt täglicher Hektik, Reizbarkeit und Müdigkeit, geht die Stressampel dauerhaft auf grün. Gelassenheit und Achtsamkeit finden ihren Platz im Alltag. Dank Meditation wird Achtsamkeit eine Grundeinstellung und ist für Millionen von Menschen zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden. Sie erinnern sich heute daran, dass auch sie in den anfänglichen Wochen und Monaten gezweifelt haben und sind heute glücklich darüber, dass sie drangeblieben sind.

Autorin: MBSR-Lehrerin Franziska Knechtenhofer 

 

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